Wie lange genau trinken die Tschechen schon Bier?
Seit undenklichen Zeiten wird von den Tschechen Bier getrunken. Das Geheimnis des tschechischen Biers sind die idealen landwirtschaftlichen Voraussetzung für den Hopfenanbau. In Chroniken wird der Hopfenanbau bereits im Jahre 859 erwähnt und der erste
Hopfenexport geht ins Jahr 903 zurück. Der böhmische Hopfen stand so hoch im Kurs, dass König Wenzeslaus jeden mit der Todesstrafe bedrohte, der Hopfenstecklinge zu exportieren versucht hätte. Die erste Erwähnung des Bierbrauens
auf tschechischem Territorium findet man in der Gründungsurkunde der Kirche auf dem Vysehrad, die aus dem Jahre 1088 stammt. Dort bestätigt der erste böhmische König Vratislav II., dass von seinen Gütern die Kirche einen Hopfen-Zehnten zu bekommen hat. Die Brauerein U Fleku in Prag besteht seit 1499 und ist bis heute gut im Geschäft.
Seit wann besteht die berühmte tschechische Bierproduktion?
Die erste tschechische Bierbrauerei wurde 1118 in Cerhenice errichtet. In früher Zeit hatten nur Bürger des Landes Böhmen das Recht zum Bierbrauen – und das nur für den Eigenbedarf – also hatten die meisten Bürger eine Brauerei im Hause. Mit der Zeit taten sich einige Bürger zusammen, um eine zentrale, gemeinschaftliche Brauerei zu gründen, die ihnen den Bierextrakt ins Haus liefern sollte, wo der Brauprozess dann vollendet wurde. Im 13.Jahrhundert überzeugte König Wenzeslaus den Papst eine Anordnung zu widerrufen, die das Bierbrauen untersagte. Vielleicht war das der Grund dafür, dass Wenzeslaus als „der Gute“ in die Geschichte einging. Aus diesem ersten kleinen Schritt entstand die heutige weltbekannte tschechische Brauindustrie, die ihr Bier an jedermann verkauft.
Wann wurde die tschechische Brauindustrie berühmt?
Die Kunst des Bierbrauens entwickelte sich stufenweise, mit verschiedentlicher Unterstützung. So war Karl IV., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, ein Freund des Bierbrauens, obwohl er auch den Anbau von Wein aus Burgund nach Böhmen brachte.
Der Leibarzt von Kaiser Rudolf II. behauptete, dass Bier ein unwahrscheinlich gesundes Getränk sei und hat darüber auch eine Abhandlung geschrieben.
Die böhmische Bierindustrie wurde in der Renaissance weltberühmt, ebenso wie die böhmischen Bierschänken in ganz Europa bekannt wurden. Ein allseits bekannter Reim dieser Tage sagte „Unus papa Romae, una cerevesia Raconae“ (ein Papst in Roma, ein Bier in Rakovnik). Bier wird in Rakovnik noch heute gebraut. Im frühen 16.Jahrhundert trugen die Brauereien bis zu 87 % zum Einkommen der Stadtkasse bei. Der böhmische Hopfen wurde seit 1101 auf der Elbe bis Hamburg verschifft und dort auf speziellen Hopfenmärkten verkauft. Selbst die Deutschen schätzen den Saazer Hopfen von Zatec noch heute.
Zu dieser Zeit wurde auch das böhmische Bier bereits exportiert, besonders das in Ceske Budejovice, einer Stadt in Südböhmen, gebraute. Die Bayern, die dieses Bier importierten, taten sich schwer mit der Aussprache dieses komplizierten Namens und nannten es einfach
"Budweis", dieser Name steht heute noch für ein großartiges Bier, ebenso wie Pilsen, das seinen Namen von der westböhmischen Stadt Plzen herleitet.
Darf man annehmen, dass es seitdem immer besser wurde?
Leider nein. Das Bierparadies des 16. Jahrhunderts war nicht von Dauer. Die Feudalherren kamen dahinter, dass man auch den Arbeitern dieses Herrschaftsgetränk andienen konnte, um ihnen das Geld aus den Taschen zu holen. Der Dreißigjährige Krieg, der große Teile Nordeuropas verwüstete, vernichtete auch die böhmischen Brauereien. Zwar wurde Bier noch einmal nutzbringend eingesetzt, als es unter der schwedischen Armee verteilt wurde, um die Plünderung von Kutna Hora zu verhindern. Doch danach kam alles, was vom Ruhm der böhmischen Bierbrauereien übrig war, unter die Schirmherrschaft des Kaisers in Wien. Dieser sandte
böhmische Braumeister nach Mexiko, um den Mexikanern das Bierbrauen beizubringen. Die tschechische Nation – und ihr Bier - erholten sich erst wieder in der Zeit des „nationalen Erwachens“ anfang des 19. Jahrhunderts, als tschechische Sprache, tschechische Kultur und eben auch tschechisches Bier nach Jahrhunderten von Unterdrückung und Niedergang eine Wiedergeburt erfahren.